Healey Silverstone Story
Autor Bernd Sgraja
Donald Healey stellte sein erstes Auto mit dem Healey-Badge 1946 vor. Er hatte es in The Cape, im englischen Landstädtchen Warwick gebaut.
Healey, ein gebürtiger Cornwaller, hatte sich in den Zwanziger Jahren einen beachtlichen Ruf als erfolgreicher Rennfahrer erworben, was ihn in den Dreißigern für die Midland Autoindustrie als Berater, Chefdesigner und Technischen Direktor interessant machte.
Es war seine feste Überzeugung, dass eine Wettbewerbs-erprobung für den Mann auf der Straße stets die richtige Basis für die Präsentation eines Produktes war und die Leistung eines Autos, sicheres Fahrverhalten und Handling immer die Hauptqualitäten der Autos sein sollten, an denen Healey gearbeitet hatte oder die später den Namen Healey trugen.
Diese Prinzipien wurden in dem ersten Healey von 1946, dem Westland, umgesetzt. Donald Healey machte sich zusammen mit einem Team von Spezialisten an die Arbeit. Es waren da:
Ben Bowden – Body Designer,
Sammy Sampietro – Chassis Engineer,
Victor Riley – steuerte aus seiner Produktion Motor, Getriebe und Hinterachse dazu,
Wally Ellen – provided working space,
Peter Shelton – he built the body of the first Healey Prototype,
James Watt – Sales Manager und
Roger Menadue – Experimental Engineer.
Dieser eingangs beschriebene Healey Westland war ein Viersitzer mit einfachem Stoffverdeck und einem 2443 ccm Riley Motor, der mit seiner kurvenreichen, von Ben Bowden entworfenen Karosserie für die damalige Zeit bemerkenswert schnell war.
Als Bestätigung dessen beendete zwei Jahre später Healeys ältester Sohn Geoff mit einem im Warwicker Werk präparierten Westland-Roadster die Mille Miglia als beachtlicher Gesamtneunter, während Graf Johnny Lurani und Guiglelmo Sandri in einem „Elliot“, der viersitzigen Gran Tourismo Limousinenausführung des Westlands, die Kategorie Produktionswagen gewannen.
Die Autowelt horchte auf, als die Zeitschrift „The Motor“ eine serienmäßige Limousine mit 104,65 mph über die fliegende Meile testete. Natürlich schlug Healey Kapital aus der Tatsache, dass zu jener Zeit der Healey die schnellste britische Serienlimousine auf dem Markt war, zweifelsohne dank ihrer glatten, aerodynamischen Karosserie.
1949 kehrte Geoff begleitet von dem bekannten englischen Automobil-Journalisten Tommy Wisdom mit seinem Westland auf die Mille Miglia zurück und gewann die Tourenwagenklasse in neuer Rekordzeit mit zwei Minuten Vorsprung vor seinem nächsten Verfolger. Healeys erster hart erkämpfter Erfolg war ein Klassensieg, gleichzeitig die höchste Platzierung eines britischen Fahrzeugs, bei der Alpenrallye, dem noch viele weitere Pokale für den Trophäenschrank folgten, während in den folgenden Jahren Privatfahrer ihren Anteil an „Silberware“ für den heimischen Kaminsims einsammelten.
Vor diesem Hintergrund stellte Donald Healey im Jahre 1949 offiziell einen schlichten, schnittigen, urigen, universellen Wettbewerbs-Zweisitzer vor. Sein Erscheinungsbild war eindeutig „athletisch“, schlank, seine Karosserie trug kein schwammiges oder überflüssiges Fett, Straße oder Rennstrecke, es war ein Auto mit nur einer Bestimmung.
Die Anatomie des Silverstone basierte auf einem robusten kreuzverstrebten Chassis, hergestellt aus 18-Gauge starkem Stahlblech, mit leichten aber starken 15 cm tiefen seitlichen Längsträgern in U-Form mit am Ende abgewinkelten Schenkeln [„top hat“ section]. Leicht modifiziert erlaubte es, den Motor um 203 mm [8 Zoll] nach hinten zu versetzen und mit weiteren Modifikationen einen 72,5 Liter [16 Gallonen] Benzintank zu montieren. Das Chassis wog ungefähr 59 Kilo. Das originale Healey Chassis war ein ungemein erfolgreiches Design und blieb im Grunde unverändert bei allen Healey Modellen, die bis1954 gebaut wurden, mit Ausnahme des Nash-Healey, der einen längeren Radstand besaß.
Der neue Healey gab sein Debüt im Frühsommer 1949 in den Händen des französischen Rennasses Louis Chiron, des späteren Jaguar Le Mans Gewinners Tony Rolt und des „Bosses“ Donald Healey. Seinen Namen erhielt er von der Rennstrecke, auf der er sein Debüt gab – SILVERSTONE. Mit der Wiederbelebung der Clubrennen in den späten Vierzigern in England und den Vereinigten Staaten erkannte Donald Healey den Ruf nach einem preiswerten, straßentauglichen, zweisitzigen Wettbewerbsfahrzeug und mit diesem Absatzmarkt im Auge wurde der „Silverstone“ kreiert. Ein junger englischer Student der Zahnmedizin überredete damals seine Mutter einen Silverstone ( es war der Healey Silverstone mit der Chassis-Nummer D11 ) als Einkaufswagen zu kaufen, den er sich dann borgte und mit dem er begann, sich einen Namen auf den Rennstrecken zu machen. Später wechselte er zu Connaught, Aston Martin, BRM, Vanwall und Ferrari – sein Name –Tony Brooks.
Von allen in Warwick gebauten Healeys ist der Silverstone vielleicht der am besten bekannte, mit nur 105 zwischen Juli 1949 und September 1950 gebauten Einheiten lag er im Mittelfeld der Stückzahlen aller Healey Modelle. Zu den Stückzahlen:
Healey Elliott 104
Healey Westland 70
Healey Sportsmobile 25
Healey Silverstone 105
Healey Duncan 92 über drei Karosserievarianten
Healey Abott 88
Healey Tickford 225
Nash Healey 104
Alvis Healey / Healey Sportsconvertible 28
Das Lenksystem ist so ausgelegt, dass die Kräfte aus dem Lenkgetriebe über eine sich drehende Platte und Lenkgestänge auf die Räder übertragen werden, ein patentiertes Healey Design, welches eine präzise Bewegung ergibt und nur minimal Stöße der Räder an die Lenksäule weiterleitet. Ursprünglich wurden angeschraubte Stahlscheibenräder mit 5,50 x 15 Reifen verwandt. Die hydraulischen Bremsen kamen von Lockheed und hatten 11 Zoll Trommeln vorne und 10 Zoll Trommeln hinten. Healeys Entscheidung für den frisierbaren, haltbaren und zuverlässigen 2443 ccm Vierzylinder Rileymotor für die früheren Modelle hatte sich bereits als kluge Wahl erwiesen. Den Beweis dafür lieferten die Wettbewerbserfolge des Westland und des Elliot. So war er auch die logische Entscheidung für den Silverstone.
Die Silverstone Karosserie von Abbey Panels war funktionell und einfach. Um die internen Verstrebungen zu reduzieren und die Gesamtstruktur zu erleichtern, bestand die Karosserie aus einer aus einlagigem Alublech geformten Konstruktion. Gut proportioniert und unverkennbar wurde sie noch umso mehr attraktiv durch die freistehenden „tear-drop cycle type“ Kotflügel. Eine andere kennzeichnende Besonderheit war die Position der Scheinwerfer hinter dem Kühlergrill und der Positionslampen auf der Vorderseite der Kotflügel und nicht, wie es zu der Zeit üblich war, auf dem höchsten Punkt der Kotflügel. Beide Features zielten darauf ab, beste aerodynamische Werte erzielen.
Eine andere praktische Besonderheit war das teilweise aus einem „Briefkastenschlitz“ im Heck des Wagens ragende und einen effektiven Stoßfänger bildende Reserverad. Die Karosserie wurde von dem bekannten Spezialisten Abbey Panels aus Coventry gebaut. Bis zu diesem Zeitpunkt unterschieden sich die Healey Chassis´ durch einen Kennbuchstaben – A, B und C wurden für Westlands, Elliots und von ihnen abgeleitete Karosserievarianten benutzt. Die ersten Silverstone Serien benutzten „ein D“. Den späteren, im April 1950 eingeführten „E“ Typ konnte man an der Lufthutze auf der Motorhaube erkennen. Eine etwas breitere Karosserie und ein höher gezogener Cockpitabschluss ergaben einen geräumigeren Innenraum und eine entsprechend größere Windschutzscheibe wurde montiert.
Die Ergonomie des Cockpits wurde durch die standardmäßig eingebaute verstellbare Lenksäule verbessert. Die zwei Schalensitze des „D“ Typs wurden durch eine Sitzbank mit individuell geformten Sitzmulden ersetzt.
Windabweiser aus Plexiglas, ein verbessertes Verdeckdesign, eine Cockpitabdeckung und eine verchromte Frontstoßstange mit Hörnern kamen in Mode und wurden ebenfalls geliefert.
Die Silverstone Produktion belief sich auf 51 „D“ Typen gefolgt von 54 „E“ Typen.
Der serienmäßige Doppelnockenwellen Ohv-Stoßstangenmotor war mit zwei horizontalen H4 SU-Vergasern, einem leistungssteigerndem Auspuffsystem und einem speziellen, aus Aluminium gegossenen Einlasskrümmer bestückt. Die Leistungsausbeute ergab 104 bhp bei 4500 Umin und einer Verdichtung von 6,8: 1. Dieser Riley Twin Cam-Motor war mit einem Riley Vierganggetriebe verschraubt, jedoch wurde die für diese Kombination standardmäßige Hinterachsübersetzung von 4,11 : 1 durch eine längere Übersetzung von 3,5: 1 ersetzt, was im direkten Gang zu einer Geschwindigkeit von 22 mph pro 1000 Umin führte. Außerdem gab es noch einen geradeverzahnten E.N.V. Getriebesatz, der eine Achsübersetzung von 3,25: 1 ergab.
Das Design, das auf ein Optimum an Performance und allerbeste Straßenlage zielte, war Teil einer Spezifikation, nur eine Ausstattung,
die ihren Zweck erfüllt und auf Komfort kaum Rücksicht nimmt.
Es ist immer noch, selbst heute, ein Fahrzeug, das man fährt, weil es Spaß macht in einem offenen, sportlichen, zweisitzigen Klassiker zu fahren, der sicher und schnell ist, auf der Straße ebenso wie auf der Rennstrecke.
Ein Schwingarmdesign wurde für die vordere Einzelradaufhängung gewählt, welches eine präzise kontrollierte vertikale Radbewegung erlaubte, gut gedämpft war und minimale Abweichungen bei Sturz und Vorlauf ergab.
Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Vorschlaghammer zum Nussknacken, aber bei genauerem Hinsehen entpuppt es sich als leicht, stark und dauerhaft im Betrieb.
Es ist ebenso sehr servicefreundlich – der leichte Aluminiumarm bewegt sich in groß dimensionierten Nadellagern, die in einem mit dem Chassis verschraubten Gehäuse sitzen. Einfache Schraubenfedern wurden in Verbindung mit Girling Kolbenstoßdämpfern eingesetzt. Außerdem war ein Stabilisator montiert.
Wie viele Kleinserienhersteller verwendete Healey viele schnell verfügbare auf dem Markt erprobte Komponente, ein damals typisches Verfahren bei Bau von Radaufhängungssystemen.
Die hintere Radaufhängung des Silverstone bestand aus einer Riley Achse mit gekürzter Kardanwelle, einfachen Schraubenfedern und Newton Bennet Teleskopstoßdämpfern.
Die seitliche Führung der Achse erfolgte durch einen Panhardstab aus Aluminiumrohr.
Es muss gesagt werden, dass sich die Erwähnung jedes einzelnen Spezifizierungspunktes in diesem Artikel auf den originalen Lieferzustand des Silverstones bei der Auslieferung aus der Fabrik in Warwick bezieht. Viele der heute noch existierenden Silverstones haben in den über sechzig Jahre auf Grund von Unfallreparaturen, Totalrestaurationen und Wettbewerbsmodifikationen Veränderungen erfahren oder Wünsche der Besitzer haben ihre original „Warwick“-Spezifikation oder das Erscheinungsbild verändert.
Was kann man heute von einem Silverstone in gutem Zustand erwarten?
Sicherlich bringt er mindestens seine frühere Leistung, wenn nicht ein bisschen mehr, zieht man die Verbesserungen bei den Schmierstoffen, Kraftstoffen und Bereifungen in Betracht. Auf die Waage brachten beide Modelle ein Leergewicht von ungefähr 18 cwt. Unter Durchschnittsbedingungen reichte der direkte Gang von 10 bis über 100 mph. Die Beschleunigungszeit von 0 auf 60 mph von um die 11 Sekunden entsprach einer Zeit von 17 Sekunden für die stehende Viertelmeile und das Maximum lag mal über, mal unter 110 mph entsprechend dem Fahrzeug und den Konditionen. Sein Durchzugsvermögen im direkten Gang reicht für die meisten Fahrsituationen aus und sein problemloses Fahrverhalten erlaubt ein entspanntes Fahren selbst bei der heutigen Verkehrsdichte. Seine Gewichtsverteilung, Motor, Getriebe, Fahrer und Beifahrer sitzen zwischen den Achsen, ergibt eine ausgewogen Fahrbalance und Stabilität. Diese Grundsolidität entsprang dem soliden Chassis. Seine leicht ansprechende Federung und seine kontrollierte direkte Lenkung machten sein Fahren, Handling und Richtungsstabilität weit besser als das der meisten Zeitgenossen.
Die Produktion des Silverstones lief nach 105 Einheiten aus, Healey befasste sich nun zunehmend mit der Herstellung und der Verkaufsförderung der dollarbringenden Nash-Healeys. Zur Ehre seines Vorgängers erwies sich die 4,1 Liter-Nash-Maschine, eingebaut in einer verlängerten Chassisvariante des Silverstone als eine Kombination, die sich mit guten Erfolgen in Le Mans bewährte. Die Fahrzeuge mit einer Karosserie, die hier auch die Räder einschloss, belegten unter Duncan Hamilton und Tony Rolt in Le Mans 1950 den fünften Gesamtrang, 1951 den sechsten Gesamtrang, und 1952 beendeten Leslie Johnson und Tommy Wisdom das Rennen als Gesamtdritte hinter zwei Werks-Mercedes.
Die Größe der Healey-Organisation erlaubte eine geschäftliche Flexibilität, die die Giganten der Automobilindustrie wenig begeisterte. Die 1952 geänderten Bestimmungen in der Rennsport-Klasse ließen Karosserien mit freistehenden Kotflügeln / Cycle-Wings, nicht mehr zu. Dies bedeutete das Aus für den Healey Silverstone wie auch für z.B. den Allard J2.
Die Kombination aus dem attraktiven Nash-Healey Projekt und dem wachsende Wettbewerb auf dem Markt beeinflussten zweifelsohne Healeys Entscheidung, die Silverstone-Produktion einzustellen. Obwohl der Basispreis des Silverstones unter 1000 Pfund lag, mit der Kaufsteuer lag der Endpreis nur 20 Pfund unter dem des Jaguar XK 120, der stärker, kultivierter und als universellerer Sportwagen mit alternativen Karosserievarianten angeboten wurde … dazu einem vorhandenen dichten Händlernetz weltweit, der Nash-Healey war bereit sich der Herausforderung im Namen des Warwicker Unternehmens zu stellen.
Viele Besitzer und Wettbewerbsteilnehmer auf der ganzen Welt haben eine wichtige Rolle in der Geschichte der 105 Silverstones gespielt. Verständlich wenn man bedenkt, dass von allen Healey Modellen der Silverstone ausschließlich für den enthusiastischen Clubman gebaut war, der einen sehr unkomplizierten, einfach zu wartenden, konkurrenzfähigen Sportwagen „von der Stange“ haben wollte. Schauen Sie sich um und sie werden feststellen, dass es noch eine Menge Silverstones gibt, die bei Clubrennen, Rallyes, Bergrennen und Slaloms eine gute Figur abgeben.
Die vielleicht am besten bekannten Silverstone Privatfahrer sind Charles und Jean Mortimer. Besonders sei an Charles’ Buch „Racing a Sports Car“ erinnert, dass sich umfassend mit dem Einsatz des Healey Silverstone, Chassis Nummer D 2, Registrations-Nummer OPA2, gefahren von den Mortimers, während der Rennsaison 1950 befasst. Beachtenswert ist, dass sich Jean Mortimer als Frau erfolgreich in dieser Männerdomäne behauptete.